Ein Welpe kommt ins Haus: der Beginn einer wunderbaren Freundschaft
Wer sich einen Welpen anschafft, weiß, dass er einige Erziehungsarbeit vor sich hat. Trotzdem wird vor allem beim ersten eigenen Hund meist unterschätzt, wie viel Arbeit da auf einen zukommt, und wie lange es dauert, bis aus einem Welpen ein gut erzogener Hund geworden ist. Schon die Auswahl des Welpen stellt die Weichen und kann das zukünftige Zusammenleben eher vergnüglich oder eher anstrengend machen.
Die Rasse
Es ist auf den ersten Blick erkennbar, dass die Rasse den Pflegeaufwand erhöhen oder vermindern kann. So ist z.B. die Fellpflege bei einem kurzhaarigen Hund von vornherein weniger aufwendig als bei einem langhaarigen Hund. Andere Qualitäten einer Rasse sind nicht so offenkundig. Man sollte sich daher genau informieren, wofür eine Rasse ursprünglich gezüchtet wurde. Selbst wenn diese Hunde heute nicht mehr ihren ursprünglichen Zweck erfüllen, sind die Fähigkeiten dazu angelegt. Hunde, die für Nasenarbeit gezüchtet worden sind, zeigen eine erhöhte Tendenz, ihre Nase einzusetzen. Im Extremfall hat man dann einen Hund, der sich mit tiefer Nase auf die Erforschung der Welt konzentriert.
Oft ist da ein erhöhter Arbeitsaufwand nötig, damit so ein Hund ab und zu seinen Menschen anschaut. Andere Hunderassen wiederum sind dazu gemacht worden, möglichst schnell zu sein - auch das fordert bei der Erziehung evtl. mehr Einsatz. Und alle Hunde sind Jäger. Es lohnt sich also, wenn man schon am Anfang genau überlegt, was man möchte: viel Bewegung an der frischen Luft? Einen Kameraden beim Sport? Oder vor allem beim Fernsehen und im Cafe? Dann gilt es, die Rasse zu finden, die für die eigenen speziellen Wünsche besonders gut geeignet ist. Bei den vielen Rassen, die es gibt, ist mit Sicherheit etwas dabei. Es erleichtert Erziehung und Zusammenleben, wenn man nicht gegen bestimmte Rasseeigenschaften erziehen muss.
Die Herkunft
Sobald die Rasse feststeht - oder wenn feststeht: keine bestimmte Rasse, lieber ein Mix -muss geklärt werden: Wo finde ich diesen Hund? Auf was muss ich dabei achten? In den letzten Jahren hat sich gezeigt: die charakterlichen Eigenschaften eines Hundes beruhen auf einem Zusammenspiel der angeborenen Grundlagen und der frühen Erfahrungen. Was ein Hund ab der Geburt bis zur 12. - 14. Lebenswoche erlebt, beeinflusst die Entwicklung seines Gehirns maßgeblich. Daher ist es außerordentlich wichtig, wie und wo ein Welpe seine ersten Lebenswochen verbringt.
Welpen werden frühestens im Alter von acht Wochen an ihren zukünftigen Halter abgegeben. Das ist gesetzlich geregelt. Also ist bis zu diesem Zeitpunkt der Züchter dafür verantwortlich, dass der Welpe die richtigen Erfahrungen mit Mutter und Geschwistern, seiner Umwelt und dem Züchter sowie anderen Menschen machen kann. Günstig für die Entwicklung sind neben der körperlichen Gesundheit:
- Eine angstfreie, menschenfreundliche und ruhige Mutter;
- mehrere Geschwister beiderlei Geschlechts;
- häufiger und freundlicher Kontakt mit Erwachsenen beiderlei Geschlechts;
- freundlicher und regelmäßiger Umgang mit Kindern beiderlei Geschlechts, möglichst unter Aufsicht.
Ein guter Anfang für Welpen ist es, im engeren Umfeld von Menschen aufzuwachsen, z.B. in einer Wohnung. Ungünstig ist, wenn die Mutter ängstlich ist, wenn der Welpe in einer reizarmen Umgebung aufwächst oder ohne Geschwister. Welpen, die nur wenig Kontakt mit Menschen haben, sind später Menschen gegenüber ängstlich und in ihrer Kontaktfähigkeit manchmal erheblich beeinträchtigt. Auch längere und schwere Erkrankungen, die die Möglichkeit zu Kontakten zwangsläufig einschränken, behindern die Entwicklung. Grundsätzlich fällt einem Hund die Umstellung vom Züchter zu seinem neuen Leben leichter, wenn die neue Umgebung der, in der er aufgewachsen ist, möglichst ähnlich ist.
Ein Hund, der seine ersten Lebenswochen im Zwinger mit nur wenig Kontakt zu Menschen verbracht hat, bringt nicht die besten Voraussetzungen für ein Leben in der Großstadt mit. Suchen Sie also den Züchter Ihres Hundes sorgfältig aus und hinterfragen Sie alles. Vergessen Sie nicht: Die meisten Züchter, auch wenn sie ihre Hunde lieben, möchten mit der Zucht Geld verdienen oder zumindest kostendeckend Arbeiten. Hundezucht ist ein Geschäft.

Die Auswahl
Ein Welpe, der nicht auffallend aus seiner Geschwisterschar hervorsticht, sondern im Hinblick auf Größe, Gewicht und Aktivität schön in der Mitte liegt, ist meist eine gute Wahl, vor allem, wenn man zum ersten Mal einen Welpen aussucht. Bei einem, der "besonders" ist muss man evtl. auch mit anderen Besonderheiten rechnen. Wählen sie also den Größten, den Aktivsten oder einen auffallend ruhigen oder zurückhaltenden Welpen nur nach genauer Überlegung. Lassen Sie sich nicht drängen, wenn nur noch einer frei ist - nehmen Sie den nur, wenn Sie ihn sowieso aus seiner Geschwisterschar gewählt hätten.
Wenn man sich von Mitleid lenken lässt (der Arme - der braucht MICH) sind Probleme oft vorprogrammiert. Auch wenn überhaupt nur noch ein Welpe da ist und damit jede Vergleichsmöglichkeit fehlt, ist ein bisschen Zurückhaltung beim Kauf angebracht. Von der gleichzeitigen Anschaffung zweier gleichalter Welpen kann man nur abraten. Die Erziehungsarbeit verdoppelt sich in jedem Fall und die Wahrscheinlichkeit von unerwünschtem Verhalten nimmt zu.
Übernahme
Es vereinfacht die Übernahme, wenn man seinen Welpen schon vorher besucht hat - möglichst mehrmals. Dann ändert sich für den Kleinen zwar die Umgebung - das ist aufregend genug - aber es ist wenigstens einer da, den er schon kennt. Lange Autofahrten bei der Übernahme können als sehr traumatisch empfunden werden und grundsätzliche Angst vor dem Autofahren zur Folge haben. Also sollte die Autofahrt möglichst schonend gestaltet werden. Auch hier ist hilfreich, wenn der Welpe seinen neuen Menschen schon kennt. Andere Möglichkeiten sind eine Decke, die nach Mama riecht, oder wenn der Welpe schon beim Züchter gelernt hat, gern in einer Reisebox zu schlafen. Besonders schön: wenn der Welpe schon beim Züchter angenehme Erfahrungen mit dem Autofahren gemacht hat.
Die erste Zeit im neuen Heim
Die Umstellung vom Züchterhaushalt wird leichter verkraftet, wenn man in der ersten Zeit dasselbe füttert wie der Züchter. Über eine Futterumstellung kann man nachdenken, wenn der Welpe sich erst einmal eingelebt hat. Der Welpe sollte im neuen Heim nicht nachts allein eingesperrt werden, sondern möglichst in Reich- und Hörweite seiner neuen Menschen schlafen. So bekommt er keine Angst und man merkt eher, wenn er nachts unruhig wird, weil er mal muss. An das Alleinsein muss man ihn in den nächsten Wochen erst schrittweise gewöhnen. Wer seinen Welpen im Bett schlafen lassen möchte darf auch das. Durch ein gezieltes Training kann man das später bei Bedarf wieder ändern.
Erziehung
Damit das Zusammenleben von Hund und Mensch funktioniert, muss der Welpe sehr viel lernen. Genauer gesagt: der neue Hundehalter muss seinem Hund zeigen, was er von ihm erwartet und es mit ihm üben. Hunde beherrschen das, was sie lernen sollen, nur dann, wenn sie es ausreichend oft geübt haben. Das ist wie bei Menschen. Wer Autofahren oder eine Sprache gelernt hat, weiß, dass das seine Zeit dauert. Hunde müssen sehr viel lernen. Alles auf einmal ist unmöglich - was also ist am Wichtigsten? Im Haus steht erster Stelle wohl die Stuben-
reinheit. Hier gilt: je weniger Fehler der Hund macht, desto schneller lernt er, was gewünscht ist.
Herrchen muss also vor allem darauf achten, dass sein neuer Hausgenosse rechtzeitig an die gewünschte Stelle gebracht wird um sich dort zu lösen. Ein Missgeschick in der Wohnung ist nicht der Fehler des Hundes. Herrchen hat nicht aufgepasst und versäumt, den Welpen rechtzeitig an den richtigen Ort zu bringen. Strafen in jeder Form - Schimpfen, Schütteln oder gar die Nase reinstupsen - schaden nicht nur dem Training selbst sondern auch der Beziehung zwischen Hund und Halter. Häufig ist Angst vor dem Halter und vor Berührungen die Folge.
Zerknabbern von Gegenständen
Ein beim Welpen völlig normales Verhalten ist das Beknabbern von Gegenständen. Hunde erforschen nun einmal ihre Umwelt mit Nase und Maul. Im Zahnwechsel besteht zudem eine erhöhte Neigung zum Kauen - das kennt man ja sogar bei Kindern. Für den Halter ist es sehr ermüdend, dem Welpen immer wieder die Dinge aus dem Maul zu nehmen, die nicht zerbissen werden sollten. Nicht selten kommt man auch zu spät. Auf diesem Weg kann sich außerdem sogenanntes "aufmerksamkeitserregendes Verhalten" entwickeln: Der Hund lernt, dass er die Aufmerksamkeit des Halters auf sich ziehen kann, wenn er an irgendwelchen Gegenständen herum kaut.
Am Besten stellt man einerseits dem Welpen geeignetes "Knabbermaterial" zur Verfügung und gestaltet andererseits die Wohnung für die erste Zeit "hundegerecht". Es wird also alles, was keinesfalls im Hundemaul landen sollte, außerhalb der Reichweite des Hundes aufbewahrt. Das gilt für alles, was dem Halter lieb und teuer ist und für alles, was dem Hund schaden könnte. Alte Schuhe zum Kauen? Ein Problem: nicht alle Hunde unterscheiden zuverlässig, welche Schuhe erlaubt sind und welche nicht. Hunde, die in ihrer Kindheit und Jugend nicht die Erfahrung gemacht haben, dass man auf allem Möglichen herum kauen kann, tun das erfahrungsgemäß auch später nicht.
Beißhemmung
Ein Welpe muss lernen, mit seinen Zähnen vorsichtig zu sein. Das Erlernen der Beißhemmung beginnt schon im Umgang mit Mutter und Geschwistern und muss im neuen Haushalt mit allen Mitgliedern der Familie weitergeführt werden. Ein Spiel, das zu grob wird, sollte zum Beispiel sofort abgebrochen werden. Vom Einsatz körperlicher Zwangsmaßnahmen ist abzuraten. Sie rufen häufig Gegenwehr hervor. Beißen kann verstärkt und/oder auch Angst verursacht werden. Eine gute Beißhemmung bedeutet nicht, dass ein Hund später niemals zubeißt. Eine gute Beißhemmung bedeutet, dass der Hund nur zubeißt, wenn er das wirklich will und nicht aus Versehen grob ist und jemand verletzt.
Rückruf und Bindung
Außerhalb des Hauses ist zunächst das Wichtigste, dass der Hund auf seinen Halter achtet und zu ihm kommt, wenn er gerufen wird. Erfahrungsgemäß macht das ein junger Welpe nach ein paar Tagen, wenn er erst einmal sein neues Herrchen kennt, ganz gut. Aber mit zunehmendem Alter, nach einigen Wochen, spätestens nach einigen Monaten wird der Hund unabhängiger und löst sich mehr und mehr von seinem Halter.
Dieser Entwicklung sollte man von Anfang an entgegensteuern. Dazu macht man das gewünschte Verhalten für den Hund möglichst lohnenswert und verstärkt und pflegt es. Ein Welpe, der für’s Herkommen immer wieder ein Belohnungshäppchen bekommt, kommt gern. Ein guter und zuverlässiger Rückruf muss sorgfältig schrittweise aufgebaut und trainiert werden. Das dauert seine Zeit. Strafen, besonders dann, wenn der Hund endlich beim Halter ankommt, schaden.
Rangordnung
Die Rangordnung spielt im Zusammenleben von Menschen und Hunden keine so wichtige Rolle wie immer wieder behauptet wird. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse, u.a. aufgrund von Beobachtungen an freilebenden Wölfen (David Mech) zeigen eindeutig, dass die erfolgreiche Einordnung in eine soziale Gruppe auf dem frühzeitigen Erlernen bestimmter Regeln beruht und nicht darauf, dass körperlich stärkere Tiere die anderen zur Unterordnung zwingen. Die erforderlichen Grundlagen werden von Anfang an im täglichen Umgang miteinander erlernt und geübt. Ähnlich wie Spielregeln oder eine Hausordnung ermöglicht das ein geregeltes und stressarmes Zusammenleben.
Es trifft nicht zu, dass Demonstrationen von körperlicher Überlegenheit das Zusammenleben mit einem Hund sowie seine Gehorsamkeit verbessern. Im Gegenteil, Maßnahmen wie z.B. den Hund auf den Rücken zu drücken oder zu werfen, belasten die Beziehung zwischen Hund und Halter. Sie können Angst und Aggressionsverhalten auslösen und sollten aufgrund dieses Risikos nicht eingesetzt und keinesfalls empfohlen werden.
Literaturempfehlung:
Welpenschule: Sozialisieren, erziehen & beschäftigen
Tollpatschig, verspielt und immer auf den Pfoten. Fegt Ihr kleiner Wirbelwind gern durch die Wohnung, verscheucht Nachbars Katze aus dem Garten oder hängt Ihnen ständig am Hosenbein? Dann wird es Zeit für die ersten Erziehungsschrittchen.
Hier erfahren Sie, wie Sie Ihren Welpen an Lärm, Autofahren und andere Alltagssituationen gewöhnen, wie Sie gemeinsam Übungen wie Sitz, Platz, Fuß meistern, alles, um Ihrem Welpen den besten Start ins Hundeleben zu geben. Extra: So verstehen Sie Ihren Hund und Spaziergänge interessant gestalten. Für Kids: Kleine Übungen für Dich und Deinen Hund. Mein Übungsplan: Wichtige Signale auf einen Blick.
Das Buch ist im Kosmos (Franckh-Kosmos) Verlagshaus erschienen.
Es kostet Euro 6,95. ISBN 978-3-440-10391-3.